McKinsey-Analyse: Investitionen in Logistik-Start-ups sinken weiter

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Mehr als zwei Jahre nach dem Ende der Corona-Pandemie sind die wirtschaftlichen Nachwirkungen des nachlassenden e-Commerce Booms und der gestiegenen Kapitalkosten auf den Logistik-Sektor immer noch spürbar. Nach einem Rekordhoch von 25,6 Milliarden US-Dollar im Jahr 2021 sind die Investitionen in Logistik-Start-ups bis 2023 auf nur noch 2,9 Milliarden US-Dollar gefallen – ein Rückgang von fast 90 Prozent und das niedrigste Niveau seit 2015. Mehrere Faktoren tragen zu diesem starken Rückgang bei, darunter hohe Zinssätze, eine verlangsamte Entwicklung des Welthandels und des E-Commerce, und ein Markt mit Überkapazitäten bei Frachtdienstleistern, was die Frachtraten 2023 gedrückt hat. Dies sind die wichtigsten Erkenntnisse aus der aktuellen Analyse „Logistics start-up funding: The investor pullback continues“ von McKinsey.

Logistik-Branche als herausforderndes Umfeld

Die Venture Capital-Investitionen sind in allen Branchen von 2022 bis 2023 weltweit um etwa 35 Prozent zurückgegangen. Besonders hart getroffen wurde der Logistik-Sektor, der 2023 nur noch 0,8 Prozent der gesamten VC-Investitionen anzog – ein deutlicher Rückgang gegenüber den rund 3 Prozent in den fünf Jahren zuvor. Neben Investitionen sind auch globale Frachtvolumina stark gesunken, da die Nachfrage nach physischen Gütern zurück gegangen ist. So stagnierten die Seefrachtvolumina zwischen 2022 und 2023, während die Luftfrachtvolumina um 4 Prozent zurückgingen. Auch die Frachtraten spiegeln diesen Rückgang wider: Die Luftfrachtraten sanken zwischen 2022 und 2023 um 22 Prozent, während die Seefrachtraten gar um 70 bis 90 Prozent fielen. Dieser starke Einbruch der Seefrachtraten lässt sich allerdings damit erklären, dass Kapazitäten nach dem Ende der Covid-Pandemie in den Markt zurückkehrten und andere Frachtarten wieder wirtschaftlich rentabler wurden.

Investitionen in bestimmte Segmente

Allerdings sind Investitionen im Logistik-Sektor nicht vollständig zum Erliegen gekommen. Ein Großteil des verbleibenden Risikokapitals fließt in den "Last Mile"-Sektor, der sich auf die letzte Phase des Lieferprozesses spezialisiert hat. Start-ups in diesem Bereich konnten ihren Anteil an den gesamten Logistikinvestitionen im Jahr 2023 um 5 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr auf 40 Prozent erhöhen. Dennoch liegen diese Zahlen weiterhin unter dem Investitionsdurchschnitt von 46 Prozent der Jahre 2010-2020. Einen deutlichen Zuwachs der Investitionen im Vergleich zu den Vorjahren können Software- und System-Start-ups verzeichnen. Flossen von 2010 bis 2020 durchschnittlich nur 10 Prozent des Investitionsvolumens in diesen Sektor, waren es 2023 25 Prozent. Angetrieben wurde diese Entwicklung durch die wachsende Nachfrage nach Digitalisierung und KI-Lösungen in der Logistikbranche.

Regionale Verschiebungen, Indien als Newcomer

US-amerikanische Start-ups zogen 2023 das meiste Interesse der Investoren auf sich und machten 43 Prozent der Gesamtinvestitionen aus. Dies markiert einen Wandel gegenüber den Vorjahren, als asiatische Start-ups (ohne China und Indien) die meisten Investitionen erhielten. Indische Start-ups verdoppelten ihren Anteil an Gesamtinvestitionen von 2022 auf 2023 von 10 auf 19 Prozent und ziehen erstmal mit Europa gleich, was auf die Diversifizierung der Produktions- und Lieferketten verschiedener Branchen sowie die Wachstumschancen im indischen Markt zurückzuführen ist.

Herausforderungen und Chancen

„Der Logistiksektor macht knapp zehn Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts aus. Dies unterstreicht seine außerordentliche Relevanz für die Weltwirtschaft und die Notwendigkeit, wieder zur alten Investitionsstärke zu finden, auch im Venture Capital Bereich, aus dem die meisten Innovationen finanziert werden“, sagt Ludwig Hausmann, Senior Partner bei McKinsey. „Entscheidend dafür ist, dass sich alle Beteiligten auf realistische Wege zur Profitabilität der jungen Unternehmen konzentrieren. Wachstum wird immer eine Schlüsselrolle spielen, aber in einer Branche, die von erheblichem Kostendruck und Fragmentierung geprägt ist, wird eine schnelle finanzielle Rentabilität immer wichtiger.“ Etablierte Logistik-Unternehmen hingegen könnten durch Übernahmen und Partnerschaften eigene innovative Lösungen und Produkte entwickeln, und so Wachstumseffekte erzielen. Solche M&A und JV-Aktivitäten sind durch reduzierte Bewertungsniveaus im Startup-Bereich erschwinglicher geworden.