Starke Marken sind auch in Krisenzeiten gefragt

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Unternehmen aller Branchen stehen derzeit vor vielschichtigen Herausforderungen. Steigende Kosten und verändertes Konsumverhalten sind nur zwei Beispiele. Zwar sinkt die Inflation in Deutschland, doch bleibt sie auf sehr hohem Niveau - so hoch wie zuletzt Anfang der 1980er Jahre.[1] Angesichts der hohen Inflation und Energiekrise halten viele Konsument:innen ihr Geld zusammen. Entsprechend langsam erholt sich auch ihre Zuversicht („consumer confidence“) und liegt weiterhin deutlich unter dem Niveau von 2019.[2] Wegen des Preisniveaus schränken viele Verbraucher:innen ihre Ausgaben ein, indem sie beispielsweise entbehrliche Anschaffungen zurückstellen oder auf günstigere Alternativen ausweichen.[3]

Unternehmen sollten nun einen besonderen Fokus auf die Stärkung ihrer Marke legen. Denn starke Marken mit einer hohen Bekanntheit und verlässlichem Qualitätsversprechen performen nachweislich deutlich besser als der Marktdurchschnitt.

Dass sich Investitionen in die Marke ganz besonders in Krisenzeiten lohnen, zeigen zahlreiche Beispiele - angefangen in der großen Rezension der 1920er Jahre mit dem Aufkommen der Marke Kelloggs. Wer kennt bei Frühstücksflocken heute noch die Marke „Post“? Post war Marktführer vor der Rezension und reduzierte seine Markeninvestitionen dann drastisch, während Kelloggs sie verdoppelte - der Beginn der unangefochten Marktführerschaft seit nunmehr über 100 Jahren.

Unsere Analysen zeigen drei Funktionen, die starke Marken erfüllen und die für Konsument:innen gerade in Krisenseiten besondere Bedeutung haben:

  • Informationseffizienz: Starke Marken stehen für Qualität. Wer eine starke Marke kauft, erspart sich damit langwierige Vergleiche und hat den Kopf frei für andere Anliegen – besonders wichtig bei komplexen Produkten (wie zum Beispiel einem Stromtarif).
  • Risikoreduktion: Starke Marken stehen für Verlässlichkeit. Wer eine starke Marke kauft, geht damit auf Nummer sicher – ein unschätzbarer Vorteil in unsicheren Zeiten und besonders wichtig bei großen Anschaffungen (wie zum Beispiel einer neuen Heizung).
  • Selbstverwirklichung: Starke Marken stehen für das gute Leben und vermitteln einen bestimmten Stil. Wer eine starke Marke kauft, zeigt sich selbst und anderen, dass er/sie trotz aller Einschränkungen bewusste Entscheidungen trifft – besonders häufig zeigt sich dies bei Produkten, die für andere sichtbar sind (wie zum Beispiel Mode und Genussmitteln).

Starke Marken bieten Unternehmen folglich den besten Schutz gegen Stagnation und Verlust. Langjährige Untersuchungen zeigen, dass sie über alle Krisen hinweg nahezu doppelt so viel Wert schaffen wie der Marktdurchschnitt. Gleichzeitig erholen sie sich nach Krisen schneller als weniger profilierte Marken.[4]

Deutsche Unternehmen schätzen ihre Marken im Ländervergleich als besonders stark ein: Mehr als drei Viertel (78 Prozent) sahen 2022 einen starken/sehr starken Wettbewerbsvorteil durch ihre Marke (Benelux/Skandinavien 66 Prozent, USA 68 Prozent).[5] 93 Prozent der Anbieter von Markenartikeln in Deutschland sahen sich zuletzt auch beim Trend-Thema Nachhaltigkeit über dem Marktschnitt positioniert; über 80 Prozent glauben, dass ihre Kunden sie als nachhaltig wahrnehmen.[6]

Auch im B2B-Bereich wächst die Bedeutung starker Marken stetig: Durchschnittlich repräsentieren Marken inzwischen rund ein Fünftel des Unternehmenswerts im B2B-Bereich.[7]

Kontinuierliches Markenmanagement für nachhaltigen Erfolg

Markenmanagement ist ein ständiger Prozess, der regelmäßige Reflektion und Anpassung erfordert. Deshalb ist es wichtig, als ersten Schritt Transparenz herzustellen und passgenaue Handlungsoptionen abzuleiten: manchmal muss die Positionierung grundlegend überdacht werden, manchmal ist es „nur“ die Aktivierung über alle Stakeholdergruppen hinweg, der neues Leben eingehaucht werden muss.

Um zielgerichtete Maßnahmen zur weiteren Optimierung der Produkt- oder Unternehmensmarke vorzunehmen, sollten Unternehmen kontinuierlich relevante Daten erheben, beispielsweise mit dem „Brand Tracker“ aus der Marktforschung oder Konsumentenumfragen. Die so gewonnenen Erkenntnisse sollten dann nicht nur innerhalb des Marketingteams, sondern vor allem auf der Entscheiderebene diskutiert und daraus abgeleitete Maßnahmen festgelegt und umgesetzt werden. Hierbei gilt es, Silos aufzubrechen und alle relevanten Unternehmensbereiche – auch über Marketing hinaus, wie beispielsweise das Produktmanagement – miteinzubeziehen und gemeinsam auf verbindliche Ziele hinzuarbeiten.

 
Autor:innen: Kai Vollhardt ist Partner im Frankfurter Büro von McKinsey, Sascha Lehmann ist Partner im Hamburger Büro von McKinsey, Jesko Perrey ist Senior Partner im Düsseldorfer Büro von McKinsey, Jerome Königsfeld ist Partner im Kölner Büro von McKinsey und Oliver Gediehn ist Partner im Berliner Büro von McKinsey.


 

[1] Mai 2023 6,1 Prozent, siehe https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1045/umfrage/inflationsrate-in-deutschland-veraenderung-des-verbraucherpreisindexes-zum-vorjahresmonat

[2] State of Grocery 2023, siehe https://www.mckinsey.com/industries/retail/our-insights/state-of-grocery-europe

[3] Consumer Pulse, siehe https://www.mckinsey.com/capabilities/growth-marketing-and-sales/our-insights/survey-european-consumer-sentiment-during-the-coronavirus-crisis

[4] Starke Marken vs. MSCI-Index; siehe Freundt, Tjark, Lehmann, Sascha (2021): Mega-Macht Marke 2021.

[5] siehe https://www.mckinsey.de/news/presse/20221011-marke

[6] siehe https://www.mckinsey.de/news/presse/20221011-marke

[7] siehe Perrey, Jesko (2015): Power Brands: Measuring, Making, and Managing Brand Success, und Freundt, Tjark, Lehmann, Sascha (2021): Mega-Macht Marke 2021.